Drachenstarke Abenteuer Kapitel 1 - Nicht schon wieder (Milyana)

Ich öffne meine Augen und das erste was ich sehe is mein Drache, der seinen Kopf durch das Dachfenster gesteckt hat. Wie er den durch die kleine Öffnung gekriegt hat, weiß ich nicht so genau, aber das ist mir gerade auch egal. Denn das kann nur eines bedeuten.
„Ich komme sofort, Windreiter“, murmele ich, nachdem er mir eiskalt die Decke geklaut hat. Muss mich dieser Drache denn wirklich so früh wecken? Verschlafen krabbele ich aus dem Bett, schnappe mir Windreiters Sattel und schleppe mich stolpernd die Treppe hinunter. Wie jeden Morgen sitzen meine Eltern an der Feuerstelle. Mutter bereitet den Fisch zum Räuchern vor während Vater an einer seiner Holzschnitzereien arbeitet. „Morgen“
„Guten Morgen, Milyana“, antwortet Mutter mir in ihrer üblich fröhlichen Stimme, nachdem sie aufgeschaut hat. Ihr Blick fällt auf den Sattel in meiner Hand: „Ein kleiner Ausflug? Kein Wunder das du schon so früh wach bist!“
Knirschend bringe ich hervor: „Ja, Windreiter hat mich geweckt." Mit einem ausgiebigen Gähnen sehe ich mich in Raum um und frage nach Njura.
„Sie ist schon weg. Wir haben nur etwas poltern hören. Wahrscheinlich hat sie sich mit Polarlicht durchs Fenster verdrückt. Falls du sie siehst, sag ihr doch bitte, dass sie nächstes Mal erst was essen soll.“
„Ja klar, Mama, mach ich“, rufe ich noch schnell über die Schulter, bevor die Tür ins Schloss fällt.
Windreiter wartet schon auf mich und kann es kaum erwarten endlich loszufliegen. Blitzschnell und mit geübten Fingern ziehe ich die Lederriemen fest und prüfe ein letztes Mal ob auch alles sitzt. Schließlich wollte ich mir nicht den Hintern wund scheuern und dem Rücken meines Drachen musste das auch nicht unbedingt passieren. Ich schwinge mich in den Sattel und klopfe meinem Drachen dabei einmal auf die Schulter. Das ist sein Zeichen und er breitet seine riesigen Flügel aus. Schwungvoll und leicht fliegen wir los und das Dorf unter uns wird immer kleiner. Es ist ein tolles Gefühl zu fliegen, einfach den Wind durch die Haare wehen zu lassen und die frische Luft auf meinen Wangen zu spüren.
Ich weiß nicht wie lange Windreiter und ich schon durch die Luft sausen, aber plötzlich schneidet ein blauer Drache unsere Flugbahn so eng das wir ausweichen und abdrehen müssen. Wir verlieren die Balance doch Windreiter ist ein ausgezeichneter Drache und liegt schnell wieder ruhig in der Luft. Ein paar Meter über uns entdecke ich ein Schimmerndes Eis. Njura, natürlich. Sie ist die Einzige die mich so zu einem Rennen auffordert, davon mal abgesehen ist Polarlicht das einzige Schimmernde Eis auf ganz Kantia.
„Willst du es nochmal versuchen?“, ruft sie mir zu und fliegt langsam auf mich zu. „Sollen wir noch ein Rennen fliegen?“
„Ah ha, Madam will ihrer wohl Serie noch einen Sieg hinzufügen?“, necke ich sie.
„So ungefähr hatte ich mir das gedacht!“
„Tja, tut mir leid dass ich deine Pläne durchkreuzen muss, aber Windreiter ist heute in Topform!“ Liebevoll tätschele ich meinem Drachen am Hals.
„Das bringt dir nur nicht wirklich was.“
„Ach ja? Wart´s ab, du wirst verlieren!“
„Dann zeigt mal, was ihr könnt!“
„Kannst du haben! Ich zähle von drei, wer als Erstes auf unserer Lichtung ist, hat gewonnen! Wenn ich gewinne, mistest du eine Woche Windreiters Stall aus!“
„Na schön, aber du gewinnst sowieso nicht!“
„Drei, Zwei, …“
In dem Moment beschleunigt Windreiter so schnell es geht, wobei ich mich am Sattel festklammern muss, damit der Gegenwind mich nicht vom Rücken fegt. Allerdings dauert es nicht lange, bis meine kleine Schwester neben mir auftaucht und doof grinst.
„Netter Versuch! Ging nur leider nach hinten los!“, schreit sie mir durch den Wind entgegen und Polarlicht beschleunigt. Glücklicherweise erreichen wir in diesem Augenblick den Wald, sodass die beiden ihren Vorsprung nicht weiter ausbauen können. Beim Slalom zwischen den Bäumen hindurch tritt unser altbekanntes Problem wieder auf. Während Windreiter deutlich langsamer werden muss, kann Polarlicht ihr Tempo fast beibehalten. Er ist einfach zu groß um sich schneller durch die Bäume schlängeln zu können. Außerdem wird Njura vor uns immer kleiner.
„Na los, komm schon. Versuch wenigstens mich einzuholen. So macht Gewinnen doch gar keinen Spaß.“ Lachend fliegt sie langsamer um uns aufholen zu lassen. Wahrscheinlich will sie wieder ihren Endspurt auf den letzten paar Metern hinlegen und so einen ihrer "legendären" Siege einfahren. Das ist mal wieder typisch Njura! Blöd nur, dass sie weiß, wie sehr ich darauf anspringe. Ich denke dann sofort, dass ich vielleicht doch noch gewinnen könnte und instinktiv hoffe ich immer, dass Njura irgendeinem Baum oder einem Felsen ausweichen muss und dabei zu weit vom Kurs abkommt. Doch das passiert nie, egal wie sehr ich mir das wünsche. Logische Folge: Sie gewinnt!
Wie immer!! Wir trainieren zwar regelmäßig unsere Flugkünste, aber so sehr Njura auch versucht, das Beste aus uns rauszuholen, es ist deprimierend, immer wieder gegen die kleine Schwester zu verlieren. Es juckt mich jetzt schon wieder in den Fingern, schneller zu werden, um auf dem weniger dichten Stück Wald ein riskantes Überholmanöver zu starten, aber ich darf meinem Ehrgeiz nicht immer nachgeben. So gewinne ich nie.
In dem Moment steigt Windreiter blitzschnell nach oben, als hätte er gewusst, was ich mir überlegt habe. Über den Bäumen können wir wieder Geschwindigkeit aufnehmen und überholen Njura, bevor sie es bemerkt. Ihr Gesicht, als sie uns sieht, ist zum Schießen. Polarlicht hatte sich zurückfallen lassen, weil sie und Njura uns reizen wollten, aber da sie bis dahin nicht wussten, was wir vorhaben, sind sie nicht schnell genug, um uns sofort wieder einzuholen.
Blöderweise weiß Njura sofort, was wir geplant haben, als sie uns sieht und folgen uns aus dem Wald raus, um schneller zu werden. Weil Polarlicht kleiner ist als Windreiter, kann sie den Bäumen gut, schnell und einfach ausweichen, aber wenn ihr keine Hindernisse im Weg stehen, ist sie noch schneller.
Immerhin will Njura auch nicht verlieren; sie ist mindestens genauso ehrgeizig ist, wie ich – liegt wohl in der Familie.
Kaum ist sie über den Bäumen, nimmt sie Fahrt auf und zieht blitzschnell wieder an mir vorbei. Im nächsten Moment habe ich sie aus den Augen verloren und ich weiß instinktiv, dass sie schon auf unserer Lichtung ist und wartet. Und obwohl ich sicher bin, dass es so ist, will ich doch immer noch gewinnen und treibe Windreiter weiter an, schneller zu fliegen. Jetzt kann uns ja nichts mehr gefährlich werden. Schließlich sind keine Hindernisse mehr da.
Trotzdem bin ich zu spät. Als die Lichtung in Sicht kommt, blitzt ein blauer Schimmer zwischen den Bäumen auf. Ich sehe das dämliche Grinsen meiner Schwester schon vor mir das sie immer aufsetzt wenn sie gewinnt, mir gegenüber im Vorteil ist oder mich irgendwie anders ärgern will.
War ja klar, dass sie wieder gewinnt! Langsam nervt es, wenn ich immer verliere und das lasse ich sie spüren. Ich rümpfe meine Nase und knurre so laut, dass Windreiter sich zu mir umdreht und mit seinen großen Augen anschaut, wobei er einmal schnaubt und zur Landung ansetzt.
„Wasch dir ja dein Grinsen vom Gesicht!“, rufe ich Njura laut und verärgert zu, bevor ich so leise nuschele, dass selbst mein Drache es nicht hört. „Na warte, nächstes Mal hast du nicht so ein leichtes Spiel. Dann gewinne ich!“
Windreiter fängt die Landung mit seinen Beinen ab und beleidigt klettere ich aus dem Sattel, nur um einen blöden Spruch von Njura an den Kopf geknallt zu kriegen.


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